Eine Frage der Intelligenz

Warum bin ich intelligent? Eigentlich sollte die richtige Frage lauten: Warum erkenne ich Dinge, die andere nicht erkennen, obschon diese anderen viel intelligenter und mächtiger sein mögen als ich? Warum durchschauen sie den Widerspruch ihres Denkens nicht, in Bezug auf das Verhältnis ihrer Wahrnehmung im Vergleich zu fundamentalen und somit eigentlich einfachen Erkenntnissen des Seins? Es ist ja unmöglich, dass ausgerechnet ein Mensch, der statt Kernkraftwerke zu konstruieren nur fertige Buchhaltungen von Firmen prüft, derjenige sei, der im Wissen um das Allgemeine in der Welt die Realitäten des Menschseins erkennen soll, wie in einer sich auflösenden Fata Morgana erahnen soll, dass die Menschen in ihrer gegenwärtigen Erscheinungsform im Denken falsch programmiert sind.

Es muss ein Geheimnis geben in der Frage, wie Denkmechanismen bei einzelnen Menschen und in der Menschenmasse ablaufen und wie sie das ganze gelebte Sein einer Spezies steuern. Und diesem Geheimnis kann man sich nur auf philosophischem Wege durch neue Gedankenprozesse nähern. Die anderen Denkwege, vor allem die politischen, technologischen und wirtschaftlichen, sind dermassen breitgelaufen, dass man sich aus dieser tiefgekarrten Spur nur noch mit einem gewaltigen geistigen Denksprung retten kann. Doch dann offenbaren sich plötzlich neue Denknormen, wo folgende Fragen wichtig sind:

-           Warum sind Politiker in dieser Welt so mächtig und gleichzeitig so dumm?

-           Warum lassen sich Millionen von gescheiten Menschen von einem einzigen Dummen vorschreiben, wie sie zu leben, zu denken, zu schreiben, zu morden, zu foltern, Krieg zu führen und zu schulen haben?

-           Warum kann ein Einzelner ganze Völker dazu verführen, gegen andere Völker Krieg zu führen und Folter an Minderheiten auszukosten?

-           Warum sind wir im Killerinstinkt, im Sadismus und im Voyeurismus an Gräueln immer noch gleich weit wie zu den Urzeiten der Menschheit?

-           Warum kann ein Einzelner die Massen nicht zum Eigenschutz verführen, wenn es darum ginge, neue Arten des Philosophierens zu einer neuen Selbsterkenntnis und zu einer Menschen-, Tier- und Naturerhaltung bei vernünftigen Lebensansprüchen zu entwickeln, wo doch die bisherigen Philosophien in dieser Hinsicht Schiffbruch erlitten haben?

Nur: Warum interessieren gerade solche Fragen nach zwei Weltkriegen innert eines Jahrhunderts überhaupt niemanden? Wollen wir endgültig den dritten finalen Weltkrieg, als Resultat der Tatsache, dass wir diese Macht- und Verführungsmechanismen immer noch nicht durchschaut haben? Das Ultimatum lautet, die Mechanismen unserer Existenz zu erkennen, nicht nur in Bezug auf unsere Gattung, sondern bezüglich des ganzen Seins der Welt. Dass wir in aller Regel dieses Problem nur wissenschaftlich interpretieren und nicht philosophisch, ist der beste Beweis für die Fehlleitung unserer Denkkapazitäten.

Die vitale Frage ist: Wann werden wir alle so denken, dass das einfache Verstehen über die Regelungen, die unser Dasein diktieren, eine Selbstverständlichkeit wird, das Verstehen nämlich, woher die Selbstvernichtung auf diesem Globus herrührt und wie zu Gunsten einer Überlebensfähigkeit unserer Natur zu handeln und zu denken wäre? Wer denkt, dieses Problem löse sich auf "natürliche" oder gar auf "wissenschaftliche" Weise durch die Fortführung der bestehenden Verhältnisse, hat noch nicht einmal begonnen zu verstehen, was hier vor sich geht. Faulheit im alltäglichen Denken, die Ausklammerung philosophischer Denkansätze gepaart mit ungeheurer Anstrengung im Denken, wie man zu Geld kommt oder wie man berühmt und angesehen wird, ist die schlimmste Ursache einer Fehlentwicklung in einer Zeit, die im geistigen Anspruch an unsere Gattung noch nie so tief gesunken ist, weder im alten Rom noch im dunklen Mittelalter noch in der Frühzeit des technologischen Wahns.

Früher waren immer noch Türen offen, Notausgänge, die jederzeit hätten benützt werden können. Dass eben diese Notausgänge immer mehr zubetoniert werden, fällt kaum jemandem auf. Den meisten ist dieser Denkansatz sowieso egal: Was soll denn in dieser "aufgeklärten" Zeit das Nachdenken über das Seiende? Ist dieser Mensch eigentlich grössenwahnsinnig geworden? Man wird es sehen. Eine Philosophie des Denkens wieder zum Einfachen und Wesentlichen hin, zurück zum Fundamentalen unserer Existenz, führt in die Richtung, die den Keim einer Korrektur der falschen Wahrnehmungen wie von selbst in sich trägt.