Irrtümer der Philosophiegeschichte


Es ist wie mit dem Börsengeschäft: Die Entwicklung eines Landes, einer Börse, einer einzelnen Firma und ihres Aktientitels kennt man erst, wenn ein Land im geschichtlichen Ablauf untergeht, die Börse kollabiert oder eine einzelne Firma entweder in Konkurs geht oder die Entwicklung einer Firma zwangsläufig durch einen fundamentalen Wechsel der auf die Gesellschaft einwirkenden Wirtschaftsregeln endet. Eine erfolgreiche wirtschaftliche Einheit geht ja nie "zu Ende", sondern sie führt immer weiter in den Erfolg oder Misserfolg, bis sie liquidiert wird oder in Konkurs geht oder aber übernommen wird und somit in geänderter Form noch ein Weilchen weiter existiert und schlussendlich durch veränderte Basis-Tatbestände nicht mehr fortgeführt werden kann, und dies - und nur dies interessiert hier mit Blick auf die Veränderung einer Gesellschaft als Ganzes, sowohl als wirtschaftliche als auch als politische Gattung verstanden - ist immer geschehen und wird auch mit jedem Land und jeder Firma, die je begründet worden ist, in Zukunft geschehen. Wichtig ist bei diesem Vergleich nur die Parallele, die wir zur gesamten Erdgeschichte ziehen wollen.

Obige Regel gilt für den Planeten Erde als Gesamtes: Die Entwicklung und Vorantreibung unserer Gattung über das philosophische Denken sowie die Wirkung dieses Denkens auf unser Verhalten und, als Resultat davon, das frühere oder spätere Ende dieser Gattung wird erst ersichtlich, wenn die Entwicklung durch Untergang ein Ende findet oder aber infolge eines fundamentalen Paradigmenwechsels des Denkens fortgeführt werden kann.

Heute allerdings sind wir erstmals in der Lage, ein absehbares Ende zu erahnen. Zu klar ist es, dass die Ressourcen an Rohstoffen, Metallen, Erdöl, Wasser, Luft und Erde bald einmal zu Ende gehen werden, in einer Situation, wo sich gewaltige Menschenmassen als Resultat dieses vernichtenden Verhaltens eben an einen in der Geschichte der Menschheit einmaligen Komfort gewöhnt haben. Dass dies der Fall ist, ist die Folge einer falschen Denkweise, die sich die Menschenmassen im Laufe der Zeit immer mehr angeeignet haben. Und die Verursacher des Denkens sind langfristig eigentlich nur noch die Philosophen, denn die Wissenschaftler, Unternehmer und die Politiker - ja sogar die Schriftsteller mit ihrer Bauchnabelschau des jetzigen Scheins und Seins - haben sich abgemeldet, nachdem sie eine verkürzte Denkbasis schafften, die früher oder später als überholt zu gelten hat.

Nur das grundsätzliche Denken über das Sein, das Dasein, Gott, die Situation der Erde im Weltall, unser Denken im religiösen und philosophischen Sinne, das Erkennen des wahren Stellenwertes unserer Gier nach Geld und Macht im täglichen Leben, macht den Menschen aus. Damit wird die Entwicklung nicht nur des Denkens, sondern auch der Prioritäten im Handeln, in der Frage, was wichtig und was unwichtig sei, gesteuert. Am Beispiel einzelner Denkschulen von Philosophen seit dem Altertum bis in die Postmoderne sollte uns jemand die Wahrnehmungskraft eröffnen, wie der rote Denkfaden einer immer in der gleichen Richtung fortgesponnenen Denkart zu den katastrophalen Folgen führen musste, denen wir heute auf diesem Planeten auf Schritt und Tritt begegnen, sofern wir die Augen offen halten, unsere Denkfähigkeit schulen und uns von den bestehenden Verhältnissen und ihren Denkgewohnheiten nicht blind machen lassen.

Eine offenbar eindimensionale Denkhistorie aller Philosophien führte in den heutigen Wissens- und Technologiewahn und mündete schliesslich in einen heroischen und grotesken Machtwahn einer Gattung, die nur eine Seite ihrer Hirnhälfte bevorzugte, diejenige der nackten "Wissensvernunft". Dagegen wurden jene Hirnkapazitäten vernachlässigt, die für Empathie, Erkennen der Selbstschädigung und der Missachtung von Mitwesen und der Natur, wie sie uns von Gott oder wem auch immer als Geschenk zu Füssen gelegt worden ist, zuständig sind. Die Intelligenz des praktischen Gewinndenkens für unsere Art wurde als heilig betrachtet, während die Intuition der Gefühle und der Weitsicht für das Wesen unseres Biotops Erde immer mehr verloren ging. Dies ist auch der Grund der Vorgeschichte zu diesem Buch: Es wäre nicht möglich geworden ohne die literarische Vorarbeit in den zwei Büchern, die von mir bereits verfasst worden sind. In "Gedanken in Turin" mit dem Untertitel "Erinnerung an das Fundament unseres Daseins" verfolgte ich den Zweck zu zeigen, wie ich aufgrund meiner eigenen Lebenserfahrungen allgemein gültige Parallelen schaffen kann zu Gedanken, die den inneren Kern unseres geistigen Daseins und dessen Dilemmas offen legen. Eine Selbstanalyse wird nach aussen gekehrt und im Spiegel des Geschehens auf dieser Welt zum Ende des zweiten Jahrtausends reflektiert. Im Buch "Linien zum Himmel ziehen"  mit dem Untertitel "Der planetare Fundamentalismus und Orakel 2099" gehe ich einen wichtigen Schritt weiter. Ich will nachweisen, dass die bestehenden Verhältnisse in strenger Relation zu fundamentalen Maximen unseres realen Menschseins - wie es sich aus Millionen von Chancen nun tatsächlich auf der Erde entwickelt hat - stehen. Erweitert wird diese Basisthese des positiven Fundamentalismus um einen folgerichtigen Ausblick in die Zukunft im Kapitel "Orakel 2099".

Das vorliegende Buch mit dem Titel "CHAOS" macht schliesslich den entscheidenden Geistessprung zur Erkenntnis, dass unsere selbstgeschaffene Menschen-Wirklichkeit, wie wir sie vorfinden um das Jahr 2000, kein Zufall ist, sondern Ausfluss und Resultat einer philosophischen Geistesgeschichte aus einem Zeitraum von über 2000 Jahren. Zusätzlich beeinflusst wird unser Denken von den sich weltweit beinahe gleich auswirkenden Glaubenssystemen der Weltreligionen. Beides, Philosophien und Religionen, sind einer Prüfung und einer fundamentalen Kritik zu unterziehen, wollen wir an den immer unübersichtlicher werdenden Lebensumständen, im Zeitalter der absoluten Beschleunigung und Verwirrung in allen Bereichen des Lebens, etwas Entscheidendes in unserem Denken ändern. Ich werde, wenn mir die Zeit noch bleibt, den Versuch unternehmen, in einem anderen Buch die Texte der wichtigsten Philosophen der Vergangenheit einzeln, Philosoph um Philosoph, zu analysieren, um herauszufinden, wie es soweit kommen konnte, dass die Endentwicklung der Menschheit trotz oder sogar aufgrund der Menschen-Philosophien von Platon bis Habermas so verlief, wie es geschehen ist, statt so, wie es unserer Art wirklich gedient hätte. Hier ist noch ein weites Feld der Erkenntnis zu beackern, denn wenn wir schon zum Schluss des Bestehenden kommen, sollten wir vorher noch verstehen, wie es dazu gekommen ist, und zwar geistig verstanden, nicht technologisch.