Es ist im Jahr 2001 viel die Rede vom Kampf der Kulturen oder vom Krieg der Zivilisationen, der offenbar in Zukunft an die Stelle von Kriegen zwischen den Nationen getreten ist und von nun an das Menschenschicksal bestimmen könnte. Diese Idee ist erschreckend und wenn sie zutreffen würde, könnten wir wohl nur den Untergang aller Zivilisationen auf der Erde voraussagen oder zumindest eines Teils der Menschheit. Ob es sich um Kriege zwischen Kulturen oder Zivilisationen handelt, ist bezüglich meiner nachfolgenden Gedanken völlig gleichgültig. Beide sind oft in den gleichen geographischen Gebieten beheimatet und haben meist nur unwesentliche Ausbuchtungen. Zum Beispiel kann man die amerikanische Denkkultur als eigenständig für die USA betrachten. Ähnliche Denkarten sind jedoch in allen anderen westlichen Staaten auch zu finden und diese wiederum sind als westliche Zivilisation definiert und als Einheit zu betrachten, sofern sich die Religionen, also Katholiken und Protestanten etc., in diesen Gebieten nicht in die Quere kommen und den zivilisatorischen Konsens in Frage stellen. Das gleiche gilt für alle anderen Kulturen und Zivilisationen und deshalb ist die Durchmischung und Komplexität dermassen ungeheuer und chaotisch, dass nur schon das Gerede vom Krieg der Kulturen ein Verbrechen an der Menschheit ist. Dieses Verbrechen kann nur aufgelöst werden über die Klarheit von Definitionen und Begriffe, die in allen Kulturen gleich verstanden werden.
Dies gesagt, sehe ich folgende wesentlichen Szenarien für den Krieg der Kulturen oder Zivilisationen:
1. Die mächtigere westliche Zivilisation, unter Führung der USA, vernichtet total jede andere Zivilisation, die sich anheischig macht, diese unsere Kultur oder Zivilisation zu zerstören. Diese Sicht der Dinge ist nach dem Angriff auf die World Trade Center Towers und der verbalen Reaktion eines geistig minderbemittelten Präsidenten, der offenbar die denkerische Qualität in seinem Lande richtig erkannt hat, keine Utopie mehr, sondern ein Eskalationsschritt, der sehr denkbar und wahrscheinlich ist, sofern sich die ganze islamistische Welt auf das Denkniveau der Terroristen begibt, provoziert durch Handlungen des zuvor Angegriffenen. Diese harte Sprache ist notwendig in dieser Analyse, denn nur noch härter als die Analyse wird der atomare Kahlschlag des Stärkeren ausfallen.
2. Die Zivilisationen grenzen sich voneinander ab und teilen sich in feste und nicht mehr veränderbare Gebiete auf. Je nach dem Grad der Feindlichkeit zwischen den Kulturen wird in Zukunft kein Handel oder Tourismus zwischen diesen möglich sein. In diesem Szenario wäre es ein Todeskommando, wenn man als Schweizer zum Beispiel nach Indien oder China reisen würde, von Afghanistan ganz zu schweigen. Diese Anti-Globalisierungsfalle ist ebenfalls wahrscheinlich, wenn sich der amerikanische oder irgendein anderer Weltanschauungsprozess alleinigen Anspruch auf Realisierung erzwingt oder nur schon anheischig macht und durchsetzen will. Es ist abzusehen, dass nur konzessionelles Verhalten zwischen den Kulturen respektive den Zivilisationen dieses Szenario verhindern kann und dass allein wegweisende Bestimmungen einer UNO ein Zusammenleben auf dem gleichen Planeten noch ermöglichen würden.
3. Eine übergeordnete, von allen akzeptierbare Philosophie ersetzt die Kulturen und die Vorherrschaftsideen von den heute noch bestehenden Zivilisationen und beseitigt damit allen Dünkel, der die einen von den anderen noch trennt. Es müsste also ein neues Denken geformt werden, das in sich selbst so schlüssig, logisch, ethisch hochstehend und menschenfreundlich sein wird, dass sich alle Menschen aller Kulturen damit anfreunden können und schliesslich bereit sind, diese Philosophie wenigstens als Hauptgrundlage des Denkens und Handelns zu akzeptieren. Spezifische religiöse oder kulturelle Eigenheiten könnten erhalten bleiben, aber immer nur bei voller Akzeptanz aller anderer Religions- und Kulturideen. Hass und Ausschliesslichkeitsanspruch von Religionen und Kulturen sind ab diesem Datum nicht mehr möglich, sondern gelten als dekadent und gedankenlos, wenn nicht gar als dumm. Erst wenn Einzel-Fanatismen als dumm bezeichnet werden können, ist es keine Ehre mehr, mit eigenen Ausschliesslichkeiten und Überheblichkeiten einen terroristischen Sonderweg zu gehen und andersdenkenden Kulturen und Zivilisationen den Kampf bis zur Ausrottung des "Feindes" als Lehre zu predigen und schliesslich ausführen zu wollen.
Mein moralisch-geistiger Kampf ist es, dieses Denken der dritten Art zu fördern. Dass hier gleich zwei Reizwörter geschrieben worden sind: "Mein Kampf" (Pamphlet von Hitler) und "Denken der dritten Art", das sofort auf das ominöse "Dritte Reich" des Nationalsozialismus verweisen könnte, ist nicht rein zufällig. Ich bin in allem meinen Denken diametral entgegengesetzt zu den Thesen des Dritten Reiches. Doch ich will sagen, dass im Rahmen von grenzenlosem Denken nicht ewige Tabus der Sprache bestehen sollten, die aus Verbrechen der Vergangenheit herrühren und verbieten, jedes Wort in seinem geeigneten Kontext zu schreiben. Diese Einschränkung des geistigen Ausdrucks ist ebenso dumm, wie die feministische Schreibweise es unmöglich macht, sich auf das Philosophische zu konzentrieren, wenn man stetig daran denken soll, dass es bekanntlich zwei Geschlechter gibt. Lasst uns einig werden, dass falsch verstandenen politischen "Korrektheiten" endlich der Boden zu entziehen ist, weil diese sogenannte "Korrektheit" des schmalen Zeitgeistes auch nur eine Art von Fanatismus ist.
Eine Sprache, die von allen Kulturen (Verdacht: Kommt dieses Wort etwa von "Kult"?) und Zivilisationen zu akzeptieren ist, kann nicht von Reizen und Korrektheiten in all diesen divergierenden Gebieten bestimmt sein, sondern muss universell, klar, unmissverständlich und nicht herabsetzend für einzelne Kulturen sein. Dass dies schwierig ist, wenn ein Mensch schreibt, der sich seinem geistigen Einflussbereich nicht entziehen kann, müssen alle Leser aus allen Kulturen akzeptieren, denn Grosszügigkeit des Denkens ist eine universale Grösse. Es kommt nur darauf an, dass der Geist der Philosophie von allen Menschen auf der Erde verstanden wird und jede Kultur sie so übersetzt, dass sie einen Sinn ergibt im Einflussbereich ihres eigenen Denkens der jeweiligen Kultur oder Zivilisation.
Die Menschen sind sich trotz Kultur- und Zivilisationsschranken dermassen ähnlich, dass die Verschiedenheiten zu vernachlässigen sind. Schliesslich stammen alle Menschen von Urahnen ab, die offenbar den gleichen Ursprung hatten. Wir sind also alle gleich und müssen wir wieder lernen so zu denken, dass alle das Gleiche unter dem Ausgedrückten verstehen. Ein Messias für alle gibt es nicht. Ein Messias für alle oder auch nur für Einzelne soll es nie mehr geben, denn dies war ja gerade die Ursache und Wurzel von abgrenzenden Überhöhungen und Erniedrigungen aller Arten in der Vergangenheit. Es gibt nur noch Quellen des Denkens, die wertvoll für alle Menschen oder wertlos für alle Menschen sind. Darüber hinaus irgendwelche Ansprüche zu stellen, verbietet sich einem kultivierten Menschen einer jeden Zivilisation dieser Welt. Wir haben keine andere Lebensgrundlage. Deshalb ist es ein Ultimatum für das Überleben aller, dass wir einen Konsens finden, was für die Menschen und die Erde, die uns trägt, von Bedeutung sein soll und was nicht.
Es ist mir völlig klar, dass wir nie eine Welt haben werden, in der die Wölfe zu Schafen mutieren und wir uns nur noch zu hundert Prozent korrekt benehmen werden. Doch der denkerische Ansatz kann so verändert werden, dass Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen wäre, dass Ursachen stets mit ihren Wirkungen in Verbindung gebracht werden, und zwar lange Zeit, bevor diese Wirkungen sich für uns in meist selbstmörderischer Weise offenbaren werden. Das Denken regiert die Welt. Wir sind alle aufgerufen zu bestimmen, welches Denken wir in Zukunft haben wollen. Eine andere Wahl haben wir gar nicht.
