Bedeutung von Menschen und ihren Taten

Eine meiner Thesen lautete dahingehend, dass vielleicht etwa tausend Menschen mehr zur Entwicklung der Menschheit beigetragen haben, als alle anderen Milliarden, die auch die Ehre hatten, auf Gottes Erde zu wohnen.

Diese Aussage gehört relativiert im Licht des Tatsächlichen. Nehmen wir Einzelbeispiele, um diese Aussage überprüfen zu können: Meines Erachtens hatten folgende Menschen (als Einzelbeispiele verstanden für ein Denkmodell) einen wesentlichen Einfluss auf die Menschheitsentwicklung der letzten Jahrhunderte und dabei einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsentwicklung des Geistes in der jeweiligen Gegenwart geleistet. Dabei wird der kuriose Versuch gewagt, die Bedeutung dieser Auswahl von Personen in Bezug auf die Folgenschwere ihrer Taten und ihres Denkens zu interpretieren, sozusagen als theoretische Versuchskaninchen für die oben gemeinten "Tausend":

Van Gogh, Maler:  Befriedigte seine persönliche künstlerische Erfüllung, erfand eine besonders ausdrucksstarke Maltechnik und konnte sein inneres Gefühlsleben mit dem Pinsel für alle späteren Generationen zum Ausdruck bringen. Doch er hatte wenig Einfluss auf die Entwicklung der Menschheit als Ganzes.

Mozart, Komponist:  Er war ein Jahrtausendgenie der Musik und kreierte, von seiner Umgebung weitgehend uneingeschätzt und unterbewertet, Musikstücke von höchster Vollendung und Schönheit, die allein aus seiner Persönlichkeitsstruktur flossen und deshalb nicht konstruiert wurden. Er hatte einen unbewussten Einfluss auf die Menschheit, indem er sie zwang, beim genauen Hören seiner Musik zu besseren Charaktereigenschaften zu gelangen.

Shakespeare, Dichter:  Er schrieb in einer der dichtesten Literatensprachen über Politik, Macht, Liebe, Intrigen und Mord. Er wurde schon zu seiner Lebzeit berühmt und verlor seinen Nimbus nicht bis auf den heutigen Tag. Also doch, Einfluss? Ja, im Erkennen seiner schriftstellerischen Absichten. Leider blieb er schlussendlich doch ohne jede Wirkung bezüglich des Erkennens der Realitäten unserer Welt. Eine reine Menschenführungs-Philosophie in ungeheuer dichter Sprache geht von ihm aus, nicht mehr.

Galilei, Denker und Erfinder:  Er schuf weitgehend das heutige Weltbild der Menschheit, sicher zusammen mit anderen bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit, doch er erzeugte ein Bewusstsein, das vorher nicht bestanden hat. Damit hat er zwar unser Dasein wesentlich beeinflusst. Doch sein Beitrag an das Menschendenken diente im Endeffekt und in der Rückschau betrachtet nur dazu, eine technologische Orgie auszulösen, die seine Sicht der Schaffung einer "besseren" Welt gleich selbst zunichte machte.

Nietzsche, Philosoph:  Er wollte viel, er wollte den Geist der Menschen verändern, er wollte sie aufklären über die Bedeutung des Wesens des Seins, vor allem des Seins des Menschentums. Deshalb konnte er auch für jede politische Richtung eingespannt und für seichte, oberflächliche Ideologien missbraucht werden. Bei genauem Hinsehen erkennt man: Er bewegte nichts, das Dasein wurde von ihm nur verklärt und die kommende Katastrophe angeheizt. Armer Philosoph: so viel Anspruch und so wenig positive Impulse!

Marx, Wirtschaftstheoretiker: Marx schrieb aus persönlicher Sorge über die Wirtschaftswelt, wie er sie vorfand, und dachte weit voraus, wohin die Gier nach Kapital wohl führen würde. Seine Lehre bewegte ganze Teile der Menschheit, die seine Theorien verwirklichen wollten und dabei scheiterten. Sie scheiterten an sich selbst, am Menschentum, nicht an den Theorien von Marx. Er veränderte viel am Dasein für eine bruchteilhafte Gesellschaftsschicht in einem kleinen Teil der Erde für eine beschränkte Zeit. Doch schliesslich blieb er wirkungslos, weil er die egoistischen Denkmechanismen der Menschheit nicht einbezog in seine Theorien und die von seinen Gedanken angeschobene Entwicklung schlicht nicht vorausahnen konnte.

Kennedy, Politiker: Von ihm geht die Sage, dass wenn er nur länger gelebt hätte, er doch einiges in Bewegung gesetzt hätte zu einer besseren Weltpolitik. Neuerdings meinen andere Theoretiker, dass er daran war, die Welt in einen Weltkrieg zu stürzen. Zum Glück kam er nicht dazu, die Macht seiner schmalen Denkkraft auszunützen. Er wäre gefährlich gescheitert am eigenen Anspruch. Seine Welt war eine Small Talk-Welt des individuellen Gehabes, der Macht- und Sexgier und des persönlichen Wichtigseins. Wir kennen viele solche Politikerschicksale, die im Wahn oder im Tod endeten. Reich sein und schön - ohne Weisheit - ist nichts. Er hätte keine geistig bleibende Bedeutung in der Welt des Daseins erreicht, doch er hätte das Dasein selbst in Frage stellen können.

Mandela, Märtyrer und Politiker:  Was von einem Menschen ausgehen kann, wenn er um echte Menschenwürde kämpfen musste und schliesslich Macht und Weltgeltung erlangen kann, wird am Beispiel von Mandela ersichtlich. Doch er wird wohl kaum verstanden in dieser rasenden Welt der Veränderungen und der Geldgier. Er hatte wohl grossen Einfluss in der Weltpolitik, doch es gereicht ihm nicht zur Ehre, wichtige Facetten des Menschseins positiv bewegt zu haben. Geistige Anständigkeit bewegt in dieser Menschenwelt, wie wir sie heute noch kennen, gar nichts.

Einstein, Wissenschaftler:  Wie Galilei veränderte er das wissenschaftliche Weltbild in einmaliger Weise und schob unsere Erkenntnismarke über das Sein weit hinaus ins Weltall. Wenige nur verstehen zwar seine Theorien, die Masse bleibt von seinen Gedanken über Sein, Zeit, Ewigkeit und Unendlichkeit unberührt. Und damit bleibt auch sein Einfluss auf die Entwicklung der Menschheit in ein besseres Daseinsdenken klein, was eigentlich paradox ist, doch verständlich im Licht des nachfolgenden Kommentars.

Es geht mir bei dieser Beurteilung einzelner bedeutender Menschen und ihrer Taten einzig um die Frage, welcher Mensch in der Lage gewesen wäre, das Denken der Menschen in einer Weise zu beeinflussen, dass eine Korrektur unserer Fehlentwicklung in Richtung Untergang des Menschentums zu vermeiden gewesen wäre. Ich weiss, diese Denkrichtung meinerseits führt viel zu weit für "normale" Menschen und ihr für solche Hypothesen nicht eingeübtes Alltagsdenken. Doch sie wird sich als ultimativ und notwendig  für die kommende Menschheitsentwicklung erweisen, weil das praktizierte Universaldenken in unserer Zeit unerträglich geworden ist. Ein neues geistiges Ventil in der Form einer Philosophie zurück zu den Quellen des Machbaren muss endlich aufgetan werden.

Denn: Eine Auslegeordnung der Spitzen des Geistes dieser Welt in Kunst, Politik, Wissenschaft, Philosophie usw. zeigt, dass alle Bemühungen mit den uns von Gott gegebenen Talenten, die der Mensch auf dem Weg der Evolution erlangen konnte, nicht ausreichten, um auf dem Weg des Niedergangs eine Weichenstellung zu bewirken, um so das destruktive Denken der breiten Massen unserer Art aufzuhalten und - ohne zu einer Gefahr zu werden für die neuen Denker, die ein antimodernes Gesellschaftsdenken der Genügsamkeit als Ausweg aus der Enge verstehen - in das Gegenteil zu zwingen.

Wie denn hätte eine derartige Weichenstellung ausgesehen? Wie hätte ein Mensch, ein Genie, schreiben, denken und uns mitteilen sollen, wohin die seit den alten Griechen gepflegten falschen Denkprioritäten führen werden? Hätten sie Technologiewahn, Kriegswahn, Machtwahn, Misshandlung von Tieren, Folterung von Menschen, Vernichtung von Lebensgrundlagen vermeiden können? Und wer hätte uns diese Denkgaben denn bringen sollen? Gott sandte seine Propheten, in allen Religionen der Welt, die nichts brachten, die nur dazu führten, dass sich die Religionen bis heute gegenseitig im Alleinseligmachungs-Anspruch bekämpfen und Andersgläubige auf grauenhafte Weise vernichtet wurden und werden. Welcher Gott sendet denn solche Propheten zu einer solchen Menschengattung? Haben die Philosophen zu irgendeiner Zeit über das Wesen des Gottbegriffes und die daraus fliessenden Glaubenslehren nachgedacht und daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen?

Eine einmal als Tatsache erkannte Fehlentwicklung zur Selbstzerstörung aufhalten zu können und zu wollen ist ein Wahn. Soll keiner kommen, um die Fehlentwicklung einer Art auf dem Planeten an den Taten und dem Denken von zeitgeschichtlichen Menschen-"Grössen" zu messen. Was will er von uns, warum sollen wir das lesen? Die heutigen Menschen verstehen diesen Denkansatz nicht, genauer: noch immer nicht. Philosophen scheinen nicht dazu geboren, die Welt verändern zu können (auch wenn sie namentlich "vom Leben kommen"). Sie sind zur Erbauung der Menschen da, und zwar genau in dem Masse, wie diese Menschen das Geschriebene verstehen und interpretieren können und wollen. Die Wucht des Massendenkens ist so gewaltig, dass keine Philosophie es schaffen kann, dass die Wirklichkeit, die vor aller Augen und Sinne stattfindet, so wahrgenommen werden kann, wie sie ist und auf die menschliche Gesellschaft einwirkt. Das geistige Chaos ist komplett und offenbar unwiderruflich. Der Verdacht besteht, dass alles bisher Gedachte das geistige Chaos nur noch vergrössert haben muss. Nicht die Komplexität des Denkens schafft das Unmögliche, die menschliche Wirklichkeit zu erfassen, nein, die Einfachheit und Langsamkeit des Denkens und Entwickelns ist der einzige menschgerechte Massstab.

Bei dieser Vorgabe sind die Fähigkeiten der Intellektuellen dieser Welt sehr gering einzuschätzen. Sie verstehen die eigene Denkrichtung und die Konsequenzen daraus nicht, selbst dann nicht, wenn es ihnen erklärt würde. Der Eigendünkel der "Geistesgrössen" dieser Erde, etwas zum Denkbaren dieser Welt beigetragen zu haben, überwiegt die Sorge um die Entwicklung seiner Gattung und den Endpunkt des "Laisser-faire" bei weitem.

Viele werden diese Gedanken als Rundumschlag gegen die Menschheit und ihre geistigen Repräsentanten der Vergangenheit und der Gegenwart verstehen. Ein in der Ferne des Weltalls denkender Gott würde allerdings ganz anders urteilen: Wie nur konnte der Mensch mit seinen Gottesgaben dahin kommen, immer nur auf jene zu hören, die das Schwungrad der Selbstvernichtung vorangetrieben haben, statt einmal zu versuchen, auf höherer Ebene zu denken, weit ausserhalb seiner eigenen Existenz, im wahren Grössenverhältnis von Raum und Zeit gemessen. Das Ziel hätte lauten müssen, den Sinn und Zweck unseres beschränkten Daseins zu erkennen. Damit wäre man der Verpflichtung näher gekommen, ein Mensch zu werden, der den Stolz des Menschseins verdiente, statt als Mensch, ob mächtig oder ohnmächtig, für sich selbst einen überdimensionierten Anspruch in Bezug auf ein Menschheitsideal zu erheben, zu dem uns kein Recht gegeben war und ist, wie heute sogar die "Mächtigen", nun endlich selbst ohnmächtig geworden, erkennen müssen.