Hitler? Langweilige Vergangenheit. Verführer einer ganzen Nation, der höchstentwickelten seiner Zeit. Alles schon geschrieben, alles schon gesagt. Nichts hinzuzufügen. Zu endlosem Morden von Andersdenkenden, von Juden, von Minderwertigen. Ein Mysterium? Blödsinn. Das eigentliche Mysterium ist die Art und Weise, wie mit dem Gegenstand umgegangen wird. Literaten sonder Zahl haben sich am Fall "Hitler" schadlos gehalten und sind geistig keinen Schritt weiter gekommen, sondern haben nur Schrott geliefert. Offenbar wird immer dann etwas kompliziert, wenn es zu einfach ist. Hitler hatte eine Gabe zu reden und das Wesentliche und Dumme dann zu sagen, wenn es die grösste Wirkung erzielen konnte. Und dazu brauchte es Zuhörer, die dumm und mächtig genug sein würden, das Dumme nicht wahrzunehmen und in ihrem eigenen Hirn zu überhöhen in einer Weise, dass es sich zu einer Massenwirkung entfalten konnte.
Wer versucht, Hitler psychologisch oder historisch zu erfassen, hat das Phänomen Hitler nie begriffen. Wer Geschichtchen erfindet über Söhne von Eva Braun und Hitler, verarbeitet bestenfalls unverdaute schwarze Löcher im eigenen Leben. Von Hitlers Leben begreift er nichts. Es gibt eine Relativitätstheorie in der Einschätzung der Bedeutung von geschichtlichen Tatbeständen: Es gibt geschichtliche Vorkommnisse und es gibt dafür verantwortliche Menschen, deren Wichtigkeit und Bedeutung wir nie richtig beachten und beschreiben, weil wir zu oberflächlichem Denken neigen und Zahlen von in Kriegen und Diktaturen ermordeten Bürgern nicht gewichten und geistig korrekt verarbeiten können. Wer kleine Patzer der Geschichte aufbläht, weil sie "interessant" sind, jedoch die wirklich grossen Verbrechen der Menschheit verniedlicht und die Verursacher, ganze Religionsgemeinschaften und Völker, nicht nennt, sondern im Gegenteil versucht, nur auf isolierte Verursacher in Form von Einzelmenschen herab zu reduzieren, betreibt Volksverblödung und Geschichtsfälschung. Diese Verfälschung der Realität ist deshalb in unglaublich hohem Masse fatal, weil wir die Ursachen und Wirkungen menschlichen Verhaltens nicht analysieren können und deshalb in eine Welt der menschlichen Allmacht driften, die hätte vermieden werden können, wenn wir nur fähig gewesen wären, die Auswirkungen von falschen Gedanken und daraus entstehenden Handlungen immer richtig zu interpretieren.
Hitler selbst war nie im Stande, seine eigene Biographie zu verstehen. Die Zufallslogik hat sich verselbständigt und aus einem sehr gewöhnlichen und unter dem Durchschnitt angesiedelten Menschen - es hätte jeder eloquente Zeitbürger sein können - einen grossen Diktator gemacht. Was er auch immer entschieden hat, war reine Laune eines schlecht ausgestatteten Hirns zum Zeitpunkt des Entscheids und des momentanen Handelns und je wirrer er handelte, umso unentwirrbarer wurde später der historische Erklärungsversuch seines Handelns. Was Hitler geschehen ist, geschieht im Prinzip in jedem Leben eines jeden Menschen, nur in der Auswirkung der Einzelvorkommnisse ist kein Zweifel erlaubt: Diese Art von Lebenslauf ist ziemlich einmalig, vergleichbar mit den Lebensläufen von allen Machtmenschen, wie zum Beispiel Napoleon, Cäsar, Stalin, Lenin, Fidel Castro, Mao Tse Tung und viele andere. Selbst die doch sehr kontrollierten Lebensläufe, gebaut auf "Planung" eines amerikanischen Präsidenten, sind rein zufällig, denn es gäbe in den USA Tausende von Anwärtern auf diesen gegenwärtigen Topjob, diesen Thron der Machtwelt, doch nur ganz Wenige erreichen im Spielcasino der Lebenszufälle die höchsten Weihen. In diesem Sinne ist selbst ein Jesus ein zufälliger Prophet out of a thousend.
In der Kultur ist dies anders. Ein Mozart oder Bach oder Van Gogh oder Shakespeare und viele, viele andere sind nicht aus Zufall geworden, was sie wurden. Solche Menschen müssen etwas leisten können, was einmalig ist und darauf beruht, dass die Natur und der Zufall ihnen Gaben verliehen haben, die nur ganz Wenigen zugänglich sind. Und so gibt es im Moment sehr viele zeitgeistige "Genies", doch die zukünftige Erkenntnis wird die Spreu vom Weizen trennen und dafür sorgen, dass die richtigen in der Historie der Menschheit verbleiben. Nicht so bei den Machtmenschen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Die erfolgreichen Blender werden immer in den Geschichtsbüchern verherrlicht bleiben, durchaus auch im negativen Sinne, verherrlicht wie etwa ein Hitler, doch die ehrlichen, die guten und die weitsichtigen Herrscher und Denker werden im Pantheon der Erinnerung und des Wissens immer zweitklassig bleiben müssen. Diese Ungerechtigkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass jeder Mensch zu boulevardisiertem Denken neigt und jedes Bemühen um eine ethische Schlussfolgerung scheut, weil damit eine geistige Anstrengung verbunden ist. Deshalb wird den meisten nennenswerten, memorablen Menschen nie eine korrekte Gerechtigkeit im Angedenken zuteil, sondern die Gewichtung wird immerdar in die Richtung gehen: Recht hat, wer den grösstmöglichen Schaden in der Geschichte erzeugt hat.
Hitler war ein höchst kommuner Mensch von sehr grosser geistiger und charakterlicher Einfachheit und es lohnt nicht, über ihn ganze drangsalierte Bücher der falschen Überhöhung und Herabsetzung zu schreiben. Wir sollten ihn baldmöglichst in den Giftschrank des Vergessens platzieren, dort wo er definitiv hingehört, um Platz zu machen für Menschen, die der Menschheit etwas Positives gebracht haben in Bezug auf eine philosophische Weiterentwicklung zum Guten. Dass ich damit auf mich selbst ziele, merke ich erst beim Schreiben des letzten Satzes, und dafür schäme ich mich ein wenig. Trotzdem ist die Analyse stimmig in sich selbst und diktiert den Grundsatz, dass man in Zukunft nie mehr wertlose Menschen vergöttern sollte und sich die Mühe macht, immer den Unterschied zu erkennen zwischen Schein und Sein auch im Wesen und Werk eines Menschen. Dies ist wohl die wichtigste Erkenntnis, die sich aus meinem Erklärungsversuch von Hitler ergibt. Mehr Erinnerungswert steht diesem Menschen nicht zu, noch nicht einmal Verachtung, denn nur wertvolle Menschen, die wissen was sie tun, verdienen so etwas Hohes wie kollektive Verachtung. Alle Machtträger der miesen Gesinnungsart sollte man aus den Geschichtsbüchern streichen oder wenigstens alle nötigen Relativierungen ihrer Bedeutung einfügen, damit die wahre Natur der jämmerlichen Existenz solcher Popanzen offensichtlich wird. Ziel ist es, die Gedankenwelt der Nachgeborenen nicht noch mehr und auf ewig zu versauen durch Tatsachen, die zu einer falsch verstandenen Heroisierung von niedrigen Kreaturen geführt hat in der Vergangenheit.
Wer nicht willens ist, die Monster dieser Welt von den Edlen und Weisen zu unterscheiden, verdient jedoch nichts anderes, als dass diese überkandidelte Scheinwelt nicht nur virtuell, sondern sehr real zugrunde geht. Wir arbeiten heute sehr intensiv an diesem Szenarium und die Erklärung dafür ist zu hundert Prozent in den obigen Ausführungen enthalten. Mehr brauchen wir heute nicht zu wissen.