Wir werden täglich Zeugen eines nicht wahrgenommenen Wahnsinns. Ich spreche von den Tagesnachrichten an Radio und Fernsehen. Ich rede vom Inhalt in den Zeitungen. Ich rede von der Unvereinbarkeit der verschiedenen Realitäten und dem Umstand, dass kein Mensch mehr in der Lage ist, zusammenhängende Schlussfolgerungen zu ziehen und der Vernunft und Logik zum Durchbruch zu verhelfen. Also eine industrialisierte Verdummung der ganz feinen Art, die niemand zur Diskussion bringt. In Diskussionszirkeln werden immer nur Teilfacetten von Tagesproblemen endlos bis ins letzte Detail breitgetreten, manchmal auf höchstem geistigen Niveau, doch kein Mensch scheint fähig zu sein, dass Normalste der Welt zu schaffen, nämlich den Widerspruch von Wahrheiten selbst miteinander in Beziehung zu bringen.
Ich kann diese Anklage nur verdeutlichen, wenn ich ein Modell entwerfe, zum Beispiel erkläre, was bei Tagesnachrichten am Fernsehen geschieht und was stattdessen geschehen sollte: Die Tagesschausprecherin eröffnet also artig die Abend-Nachrichtenshow und sagt ganz kurz, welche wichtigen Tagesgeschehen in Einzelbeiträgen der liebe Zuschauer heute zu konsumieren habe. Über die selektive Wahrnehmung habe ich mich andernorts schon geäussert; dass das eigene Land tausendmal interessanter sei als der Rest der Welt, dass ein Furz in den USA zur Explosion wird und eine Explosion im fernen Afrika zum Furz. Dies ist banal und jedermann bekannt. Hier wollen wir Wichtigeres aufdecken, am folgenden Denkbeispiel, der täglich stattfindenden Tagesschau.
- Zuerst ein Beitrag zur Politik: Eine CO2-Abgabe wird vom Stimmvolk verworfen. Es will kein Geld für die Erhaltung einer gesunden Umwelt aufbringen in Zeiten drohender Rezession. Man versteht die Sorgen der Bürger, die beim Look ins Portemonnaie oder ins Bankkonto mit ungeheuren Sorgenfalten im Gesicht gezeichnet werden. Man will diese Leute nicht noch mehr verunsichern und meldet, dass sie verantwortungsbewusst gehandelt hätten und die Demokratie sowieso die beste aller Regierungsformen sei, das sei zu respektieren.
- Dann wird der Lokalteil eingeläutet: Die Einwohner um den Zürcher Flughafen "Unique" sind entsetzt, weil ein einzigartiger, enormer Zuwachs an Flugbewegungen vorausgesagt wird, weshalb die Lärmteppiche unerträglich und die Landpreise in den Boden fallen werden. Sie müssten nun "Massnahmen" ergreifen, um dem Horror ein Ende zu setzen. Die Flugverantwortlichen lehnen als Antwort feixend jede Verantwortung ab; sie sind die Herren der Welt. Das Flugvolk wolle es so. Da meldet sich noch ein engstirniger Unternehmensconsultant und treibt die Verlogenheit auf die Spitze: Ja, er hätte sich früher vehement für die Flugplatzerweiterung ins Zeug gelegt, beginne nun aber unter dem erweiterten Fluglärm selbst zu leiden und empfehle allen Egoistomanen, ihre Villen im Süden Zürichs zu verkaufen und ein Swissairticket Moskau einfach zu lösen.
- Folgt ein Kontra-Beitrag zur Umwelt: Ein Umweltgipfel zur Klimaerwärmung hat gegen den Willen der USA einen faulen Kompromiss geschlossen. Statt 5 % an Ausstossverminderung von CO2 innerhalb von 10 Jahren wird auf Druck der USA, Kanada und Australien der Entscheid vertagt. Trotzdem müsse man für diesen "Erfolg" dankbar sein, denn schliesslich drohte die Auflösung der Konferenz ohne Resultat. Eine Eindämmung des für die hohen Luftschichten besonders schädigenden Flugverkehrs werde geprüft, aber als kaum durchsetzbar auf einer späteren Konferenz vorgetragen.
- Nun der Wirtschaftsteil: Die SairGroup wird hoch gelobt, weil sie im Jahresabschluss wiederum einen hohen Zuwachs an Passagieren und Passagierkilometern zu verzeichnen hat. Zwar sei es aufgrund der tiefen Flugpreise immer noch nicht möglich, einen hohen Betriebsverlust zu vermeiden, dieser werde aber durch das Catering- und Börsengeschäft mehr als ausgeglichen. Es sei aber erfreulich, dass es immer mehr Menschen mit schmalen Börsen ermöglicht würde, für Ferien ferne Destinationen und fürs Shopping New York oder London anzufliegen.
Die Nachrichtensprecherin grinst immer noch hinterhältig, dämlich und allwissend in die Kamera und kommt sich als Herrgöttin allen Geschehens auf dieser Erde vor. Sie ist ein Star, darf sich kaum noch auf den Strassen offen zeigen, ohne von Fans überrannt zu werden. Traurige, sehr traurige Realität der Nachrichtenverbreitung, hinein in eine Fülle leerer Gedankenwelten. Soweit meine Beweisführung. Pause. Nachdenken. Nichts gemerkt. Immer noch nichts gemerkt. Ganz normale Nachrichten. Wo ist der Punkt? Was schreibt dieser Kerl über Tagesnachrichten, die jetzt jeder kennt und die keines Kommentars bedürfen. Schliessen wir das öde Kapitel.
Ein Blödian, dieser Delavy, muss hier wieder einmal die Sinnfrage stellen. Langsam wird es mühsam: Dieser Kerl will einfach nicht begreifen, warum die Nachrichtensprecher sich nicht weigern, diese sich absolut widersprechenden und sich aufhebenden Nachrichten vorzutragen. Warum die Leute vom Nachrichtendienst nicht innerhalb von nur einer Woche in eine psychiatrische Anstalt versorgt werden müssen. Er versteht noch weniger, dass am nächsten Tag die Fernsehstationen nicht mit Reklamationen, die Zeitungen nicht mit Leserbriefen überhäuft werden, weil man sich nicht verdummen lassen will. Er versteht nicht, dass am anderen Tage die Leute im Geschäft oder beim Mittagessen diese Themen besprechen, ohne je einen Zusammenhang aufzudecken. Sie ereifern sich endlos über Belanglosigkeiten und sehen nicht das Ganze.
Was hier offengelegt worden ist, ist ein Phänomen, das vor unseren wachen Sinnen abläuft, täglich nicht nur an allen Fernsehstationen dieser Welt, nein auch in den Zeitungen, allen Zeitschriften, am Radio und in allen Gesprächen zwischen den Menschen dieser Welt. Der ganz normale Wahnsinn wird nicht durchschaut, niemand wird irre an der eigenen wirren Gedankenwelt. Alle akzeptieren das vorgegebene Schicksal einer Dauerberieselung mit Nachrichten, Gesprächen, Themen, deren innerer Zusammenhang in keiner Weise aufgedeckt und verarbeitet wird. Dies muss zum Kollaps aller Denksysteme führen, gefolgt von irren Vorgängen in Politik und Wirtschaft, denn ohne Kontrolle über das tägliche Geschehen sind wir nicht in der Lage, das Segelschiff des menschlichen Seins in eine Zukunft der reinen Vernunft zu steuern.