Gedanken am Fluss


Du kennst den Fluss - ganz klar - Jeder kennt solche Flüsse.

Erinnerst Du Dich nicht? Mein Gott, streng Dich doch an.

Dann helfen wir etwas weiter…..

Du kamst von Monaco her, einige Tage am Mittelmeer verbracht, vor allem in der geheimnisvollen Landschaft in den Bergen hinter Nizza und Cannes, und jetzt auf der Heimfahrt in das ferne Land das Heimat heisst. Auf einem Pass vor Alexandria raus aus der Autobahn. Dann durch ein enges Tal, begleitet von einem Flüsschen und vielen halbverlorenen italienische Dörfern die im Sterben liegen.

Einmal wird das Tal breit und links gibt es einen grossen Landgasthof mit Parkplätzen.

Wir, das heisst ich und meine Freundin und mein Hund, steigen aus und besichtigen das weiträumige Pizza-Restaurant. Kein Knochen weit und breit. Nur diese stillgelegten Tische. Überall im Piemont dieses Bild - sterbende Hotels, sterbende Läden, sterbende Restaurants - eines um das andere verschwand in der Zeit unserer Abenteuer im Süden, also innerhalb der letzten 20 Jahre - welch ein Jammer.


Und an der Côte d'Azur im Hinterland ist es nicht besser - hinter Monaco und Nizza ist es noch viel schlimmer. Die Idioten des Massenkonsums gehen auf die karibischen Inseln oder auf Kreuzfahrtschiffe, die die Welt verpesten, oder auf einen Flug nach New York zum Shoppen. Man merke: Diese Welt ist am Verblöden und am Verrecken. Der Konsum und die Planeten-vernichtende Realität ist alles - und das wahre Leben nichts.


Ich gehe um die Ecke vom Restaurant und entdecke eine Bar. Eine nette kleine und hübsche Maid versucht mein Italienisch zu verstehen: "Ja, klar, es komme sofort ein Mensch in das Restaurant, nur einige Minuten warten…."

Ich gehe zurück zu meinen Kumpanen und wir warten gemeinsam an einem Tischchen mit Gläsern drauf und alles sehr hübsch, vor allem die Aussicht auf die Hügel rund herum. Und tatsächlich fährt ein Auto vor und offenbar der Wirt, Koch und Ober kommt ins Lokal. Essen? Jederzeit. Wein? Jederzeit - doch vorher mache er noch Feuer im Cheminée - es ist tatsächlich saukalt im Lokal. Doch nach einigen Minuten flackert ein wärmendes Feuer und wir dürfen uns diesmal ganz in die Nähe setzen. Später einmal werden wir vom Feuer wegkomplimentiert, dies sei nicht der richtige Tisch - im leeren Lokal - doch dies ist wiederum eine andere lustige Geschichte. Wahrscheinlich hatte der Wirt etwas Angst wegen dem grossen Hund beim Feuer.

Doch nun, beim ersten Besuch der immer der beste ist - immer ist es der Fall, bestellen wir grossartig wie reiche Leute - und als das dampfende Zeugs kommt, merke ich, dass mein Italienisch eine Katastrophe ist. Meine Freundin könnte es besser, aber bei Menükarten ist sie aufgeschmissen. Und so esse ich eben dieses komische Fleischzeugs mit Todesverachtung, die Pasta bei Rita sind hingegen toll und mein Hund LEON bekommt fast mein ganzes schwarzes Fleisch in einer Lokalbrühe, das Teuerste auf der Karte... Dagegen sind dann der Dessert und der Kaffee und der Grappa umso besser und wir geniessen die stille, einsame Atmosphäre wie wenn es das letzte Mal wäre, dass wir noch am Leben sind.

Nach dem Essen gehen wir der Strasse entlang, ein kleines Sträss'chen nach links hinunter zu einem kleinen Fluss, der munter herumquirlt und gurgelt wie verrückt, um dann zum Mittelmeer hinunter zu streben, woher wir soeben gekommen sind.

Auf der Steinbrücke die vor Jahrhunderten gebaut worden ist wie es scheint, bleiben wir stehen und dann geht Rita mit LEON zum Ufer runter und wirft Stecken, die der brave Hund voller Enthusiasmus rausholt aus dem Wasser - immer wieder.


Und da geschieht es, dass mein ganzes Leben an mir vorüberzieht, alles in nur einer einzigen Minute und Rita merkt davon überhaupt nichts:

Ich stelle fest, dass ich per Zufall in das letzte Jahrhundert der Menschheit hineingeboren worden bin.
Zu Beginn meines Lebens gab es kein TV, keine Computer, sozusagen noch keine Autos und Flugzeuge. Das Volk bestand aus Landwirtschaft, wo nachher nur noch die Bonus-Banker zählen würden mit ihrem Hang zur Vernichtung aller Geldmittel der Menschheit.

Wenn man das Leben in einer Minute erfassen kann, wird es sau toll - man sieht plötzlich alles:
Diese rasche Entwicklung von Mobilität, der Masse, der Wissenschaften, von low technology to high technology, dieser Wahn des Profits, des Kapitals, des Neoliberalismus, dieses U.S. Empire des Schrecklichen, diese ungeheure Blödheit der Massen und das verbrecherische Tun der Eliten, die von Jahr zu Jahr immer dümmer, dreister, krimineller werden und den grossen Massen das Gegenteil über ihre Medien in die leer gewordenen Hirne einhämmern.

Die eigene Entwicklung meines Lebens geht wie durch einen Film auf eine Leinwand projiziert, alle die Höhepunkte, die Verzweiflungen, die Erfolge, der Sex, das gehabte Familienleben, der Beschiss im eigenen Beruf allein im Interesse der riesigen Konzerne, Banken und der reichsten Idioten der Welt. Man sieht wie von einem fernen Stern, der im Weltall entschwindet, die vielen Orte die man besuchen durfte, sie kamen ins Leben und verschwanden immer wieder, die Hunde und die Katzen, die Freunde und Freundinnen, die Landschaften, die Strände, die Meere, die 1000 Restaurants und 100 Hotels des Lebens, der Zerfall der Zivilisation, die Verzweiflung der Massen, die immer noch glauben, die Welt werde immer schöner und besser, wenn bereits die letzten Krümel des Planeten vernichtet werden und der Point of No Return längst überschritten ist.

Dies alles sehe ich und noch viel mehr - und dies alles innert einer Minute….

Es herrscht endlich Klarheit über das Sein, über das Seiende.

Die Denkschemen und die irren Denkirrtümer der Philosophen, der Wirtschaftstheoretiker, aller Politiker und Heerführer. Dieser ewige Kampf des normalen Menschen gegen Diktatoren, Präsidenten, Potentaten, die idiotische Gilde der Religionsführer, all diese Ratzinger, Allah, Hitler und Stalin und Mao und JFK, hirnlose Typen ohne Ethik und Gewissen im Ermorden von Millionen - und die Masse hat es noch immer nicht mitbekommen, während ich nicht einmal 20 Sekunden brauche, um alles bleibend zu erfassen.

Gut, ich starte nicht bei NULL - alles ist bereits in meinen 10 Büchern, die ohne jeden Erfolg geblieben sind und die vom Buchmarkt von den Reichen und Mächtigen ferngehalten worden sind und ihren toll-gewordenen Zudienern, dem Feuilleton. Gut, gibt es jetzt endlich ein Netz, ein Internet, da kann man alles gratis platzieren und hoffen, es sei nicht für die Katz gewesen….
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Was für eine Ironie des Schicksals - zuerst wirst Du gefürchtet von den wichtigen Bankern und Konzernchefs als der Berater und Prüfer von deren Mist - und dann bist Du als Verleger der letzte Dreck für die Medien. Philosophisch ist es besonders heilsam, diese Stufen gegangen zu sein….

Doch noch nicht ist der Film auf der Brücke über dem Fluss gerissen, noch stehe ich auf der Brücke des Lebens, grinse der Freundin zu und sehe, wie wieder ein Stock in den Fluss plumpst und der Hund hinterher hechelt, voller Leben, voller Begeisterung - und nur einige Jahre später wird er neben mir liegen, praktisch im Sterben und seine Seele bald aushauchen, ein Leben mehr, das diese Idioten-Welt der Menschen verlassen darf….

Doch den Faden nur noch nicht verlieren - hoffentlich ruft sie mich nicht, ich will den Film zu Ende sehen. Wie immer sieht Rita das Problem und tut so, als wäre alles ganz normal, und wirft weiterhin Stöckchen und Steine für den lieben, lebenshungrigen Hund.

Ja, da kommen sie schon - die Bilder der Zukunft:

Denn nicht wahr, wenn der Film der Vergangenheit in der Gegenwart angekommen ist mit diesem Wahnsinn an Entwicklung, stoppt er nicht einfach, nein, wer intelligent ist, kann ihn fortführen, sozusagen in alle Ewigkeiten.

Und mir wird nun klar, warum ich Texte geschrieben habe, die wie Drehbücher sind bis zum Jahr 2099, Ende der Menschheit und beinahe auch des Planeten, dass ich sie schreiben konnte, Werke an die ich mich halten darf, ohne mich noch gross anstrengen zu müssen.

Es ist ganz klar, dass diese Affen-Gesellschaft niemals stoppen wird in ihrer nun rasend werdenden Entwicklung ins Chaos, ins Tollhaus des selbstgebastelten Seins:
  • Die Gesellschaft wird explodieren auf 10 Milliarden von Hohlköpfen.
  • Die Ausbeutung der Rest-Ressourcen und -Energien wird immer rascher vor sich gehen bis der Zukunft nichts mehr bleibt.
  • Ebenso das Verrecken von Landschaften, Ozeanen und von ALLEM was mit Wasser und Luft zu bezeichnen ist.
  • Die Megastädte werden explodieren und die verzweifelten Massen werden ihre Eliten zu Tode massakrieren.
  • Es werden keine Lösungswege offenstehen - dieser verrückt gewordenen Horde von gleichgeschalteten Kapital-Idioten, rund um den Erdball, alles wird immer noch verrückter werden.
  • Die Massengesetze und die irre gewordene Wetter-Maschinerie, zusammen mit den unvermeidlichen Pandemien werden die Menschheit in kürzester Zeit radikal dezimieren.
  • Das Kapital hilft nicht, im Gegenteil, alle Nationen sind pleite und bankrott aufgrund ihrer Finanz- und Wirtschaftspolitik des Grauens.

Keine Hoffung - weit und breit….

Der Horizont weitet sich immer mehr - nicht nur das Schicksal der Menschheit und deren Erfüllung bis 2099 wird glasklar - sondern auch der Fakt, dass sich dies alles im luftleeren Raum des Alls abspielt.

Diese kleine, kleine Welt der Menschheits-Historie ist ein Witz. Auf einem kleinen Kügelchen in Billionen von Sonnensystemen in Milliarden von Lichtjahren tummelt sich eine verrückt-gewordene Massen-Spezies, hält sich für intelligent und schlau - macht alles kaputt und weiss noch nicht einmal, dass
- es die gott-verdammten Pragmatisten und Amerikaner sind, die diese Endzeit nicht nur der idiotischen Spezies des Homo non-sapiens in die Wege geleitet haben, sondern damit auch alle anderen Arten, die Tiere, die Pflanzen, die Meere und den gesamten Planeten mit in die Selbstvernichtung gestürzt hatten - und diese Pseudo-Philosophen wollen einfach nie etwas gewusst haben von ihrer totalen Verblödung im Raum des Status Quo, einer Welt, die eigentlich so niemals existieren durfte.

Es gingen mir noch weitere Gedanken durch den Kopf, die alles Dagewesene bei weitem hinter sich liessen und schon längst wichtiger Bestandteil in meiner Literatur geworden sind - doch es wurde Zeit, dass Rita rief:

"Was machst Du eigentlich da oben? Komm auch runter und schau Dir diese Steine hier an - ich will einige einsammeln und dann in meinem Rustico in Italien in den Garten legen…."

Der Hund hat Freude, dass ich jetzt auch wieder hier bin, und noch etwas bestürzt vom Gedankenschwall der mich erfasst hatte auf der Brücke, beginne ich einige Steine auszusuchen im Flussbeet, die wir dann zum Auto bringen um zurück über die Autobahn in die Heimat zu fahren, im Rahmen einer irren "Zivilisation", die eben JETZT am Zusammenkrachen ist….

Der Wachtraum hat alle gewussten Fakten nochmals bestätigt. Kein Wunder - ein Fakt.