Kürzlich hörte ich eine Radiosendung, die tief in die Vergangenheit abrutschte, in eine Zeit, als die Bauern noch einen "Zehnten", also einen Zehntel ihres Arbeitsertrages, den "gnädigen Herren" in den Schlössern und Herrschaftshäusern abgeben mussten. Mit der Revolution der Franzosen änderte nur die Habitude der Geldeintreibung, jedoch nicht die Notwendigkeit, dem Staat Geld abzuliefern, damit die öffentlichen Aufgaben finanziert werden konnten, nur wurde jetzt alles übersichtlicher und demokratischer geregelt, denn man konnte über die Höhe der Steuerabgaben und die Einführung neuer Steuern oder Abgaben demokratisch "mitbestimmen".
Doch der Graben zwischen den ewigen Nörglern gegen den Staat und jenen anderen, den "guten" Staatsbürgern, die die Notwendigkeit einer öffentlichen Verwaltung für Gesundheit, Bildung, Altersschutz, Verkehr, Verwaltung, Juristik, Bevölkerungsschutz, Energie, Sozialwesen usw. einsahen, blieb bestehen bis zum heutigen Tag. Immer noch gibt es bürgerliche konservative Mitglieder der Gesellschaft, die gerne alles liberalisiert hätten und alles unter privater Fuchtel organisiert sähen. Sie sehen nur die Ausgaben für Steuern und andere Staatsabgaben, die sie doch lieber an der Börse verbraten würden, doch den Nutzen, der ihnen von morgens früh bis abends spät zukommt, den negieren sie konsequent.
Dabei ist festgestellt worden, dass von einer Übersichtlichkeit der Verhältnisse nur bei den staatlichen - nicht aber bei den privatisierten - Einnahmen und Ausgaben gesprochen werden kann. Nur beim Staat wird jeder vereinnahmte und ausgegebene Cent nachgewiesen in den veröffentlichten Staatsrechnungen. Doch lustigerweise sprechen diese "Individualisten" der Bevorzugung der liberalisierten Privatbetriebe über verhasste Staatsbetriebe und die öffentliche Verwaltung nie vom neu entstandenen Schwarzbereich, nämlich vom Umstand, dass immer mehr Kosten sich jeder Kontrolle des Staates entziehen und damit vom einzelnen Bürger überhaupt nicht mehr beurteilt und beeinflusst werden können. Ausgaben des Bürgers für Mieten, Hypothekarzinsen, Ölpreise, Strompreise, Gesundheitskosten, Investitionen in die Altersvorsorge usw. gehen immer mehr jeder Kontrolle und Übersichtlichkeit verloren und werden so zu Bereicherungsinstrumenten einer neuen Klasse von "gnädigen Herren". Die Privatbanken bestimmen über die Höhe der Zinsen, die Hausbesitzer bestimmen über die Erhöhung der Mieten (prozentual weit über jener der Lohnanstiege, nur wenig gemildert über eine oberflächliche Staatskontrolle der Mieten), die OPEC und die Ölkonzerne über die Energiepreise, doch am schlimmsten ist folgender Tatbestand: Wir müssen ohnmächtig zusehen, wie unsere erzwungenen Abgaben in die Pensionskassen immer mehr in den total chaotisch verlaufenden Börsenbetrieb versickern, indem die Verwalter (Bank-, Versicherungs- und Fondsmanager) dieser Massenvermögen immer mehr Prozente "ihres Geldes", das heisst unseres Alterskapitals, in Aktien investieren und damit helfen, die Börsenkurse in unrealistische Höhen zu treiben.
Wenn das grosse Erwachen kommt, werden wir das Resultat sehen: Riesige Börsenverluste, Vernichtung hoher Prozente unserer früheren Abgaben und Kürzung der Altersrenten auf ein Mass, das kein Mensch hinterher wird begründen können, denn alle waren sie schliesslich "Opfer" der freien Marktwirtschaft, des Neoliberalismus und der Börseneuphorie, die jene Aktienwerte produzierten, die niemals und zu keiner Zeit im Hinblick auf spätere echte Gewinne der quotierten Gesellschaften zu rechtfertigen waren. Bei dieser ganzen Casino-Mentalität der heutigen Tage wird man natürlich meine obige Beweisführung als absurd empfinden und von "undifferenziertem Denken" reden, von Allgemeinplätzen der einfachen Art und einer Systemkritik, die von einem grossen Frust zeugt, wie mir kürzlich ein Redaktor der Neuen Zürcher Zeitung schrieb, als Antwort auf einen wirtschaftskritischen Brief an die Redaktion. Doch ich glaube, dass die Wucht des Fehldenkens in der heutigen Zeit, dieses "Es wird schon alles noch gut herauskommen" dermassen tief geht und so viele Facetten der Gefährdung unserer Lebensposition durch vereinfachtes kapitalistisches Denken bestehen, dass die Wucht dieser Fehlentwicklung in ein Phantasiedenken der Selbsterzeugung von Reichtum und Geldmenge mündete, falsche Gewichtung von Unternehmen und deren Börsenkurse erzeugte, sodass wir uns am Ende der geldvernichtenden Entwicklung wieder einmal mit den falschen "Experten" konfrontiert sehen, jenen, die nie etwas kommen sahen und sich trotzdem ganz am Schluss damit brüsten, dass sie es schon immer gewusst hätten, es nur nicht öffentlich in den Zeitungen schreiben wollten, zum Schutz einer sonst irreal reagierenden Öffentlichkeit, und so sei es für sie ganz logisch, dass alles so herausgekommen sei. Es musste ja alles so kommen. Und alle Dumpfbacken applaudieren, weil sie auch nie etwas verstanden haben und sich von überheblich Verwaltungsräten und grössenwahnsinnigen Medienmogulen managen und verdummen liessen, geradewegs hinein in eine irreale Welt falscher Komplexitäten.
Ich möchte jene Zeitung in der Welt sehen, die sich wird rechtfertigen können durch Vorzeigen von Artikeln, die das kommende Schlamassel auch nur schemenhaft vorgezeichnet hätten. Angesichts des allgemeinen Debakels der neuen "gnädigen Herren", die sich in einem Ausmass an unserem Geld bereichert haben und uns eine Vernichtung unserer Lebensenergien zumuteten, die einmalig in der Menschheitsgeschichte sein wird, also nach dem Ablauf falsche Hoffnungen schürender Beeinflussungen, wird die ganze Wahrheit erst sichtbar werden. Diese Herren haben das selbsterzeugte Chaos zu keiner Zeit kontrollieren können und freuten sich lediglich über die wundersame Vermehrung ihrer Güter und schauten blasiert darüber hinweg, wem sie diese Güter abgestohlen hatten. Man wird sich eines Tages an die altehrwürdigen Grafen, Herzoge, Könige und Kaiser zurückerinnern, die damals noch offen ihren eigenen Pomp feierten, teilweise sogar zur Freude ihrer naiven Untertanen. Doch jene neuen Untertanen, die heute leben und nichts wissen vom Diebstahl am Volk über Zinsen, Ölpreise, Börseninvestitionen aus Lohnabzügen für die Alters- und Gesundheitsvorsorge, diese sich einmal mehr betrogen fühlende Mehrheit wird sich eines Tages die Augen reiben und nach Erklärungen suchen.
Hoffentlich finden sie dann diesen Artikel hier, der, wenn er genügend verstanden worden wäre, schon heute ein Fanal hätte sein können, doch dann, eben am Ende eines weiteren Kapitels dieser kapitalverrückten Wirtschaftsgeschichte, nachweisen wird, was mit einfachem Denken im Fundamentalbereich hätte verstanden werden können, wenn man sich nicht durch gezielt falsches kompliziertes Denken einer privilegierten Gesellschaftsschicht hätte blind und verrückt machen lassen. Es ist die ewige Wiederkehr des Gleichen, immer nach gleichem Schema bereichern sich "freiheitsliebende" Menschen an der Dummheit der Massen der weniger Schnellen und Gescheiten, und dies geschah und geschieht unter allen Gesellschaftssystemen, die je existiert haben. Königtum, Feudalismus, Sozialismus, Kapitalismus, Neoliberalismus, alles das Gleiche, wenn es darum geht, das ewig Menschliche, die Gier, die Macht und den Geldtrieb auszuleben zu Lasten jener, die sich weniger darauf verstehen, die privaten Interessen über alles zu stellen.
