Wie wirkt sich die Informationsflut der heutigen Tage auf unsere Lebensgestaltung aus? Die zu belegende Theorie der Medienschaffenden geht davon aus, dass man die vielen überbordenden Informationsquellen kanalisieren, sozusagen eine Auswahl von "guten" Informationen aus der Flut herausfiltern kann. Welche Illusion! Man kann einen reissenden Fluss, der über die Ufer tritt, nachdem die Klimaveränderung den Wahnsinn in die göttliche Wettermacherei getrieben hat, auch nicht kanalisieren und aussuchen, welches Wasser ich trinken will und in welchem ich dann doch ersaufe, weil ich gegen die Stärke der Flut nicht ankomme. Was mich wahnsinnig aufregt an den Denkensweisen der modernen Zeit, ist die gutmütige Ahnungslosigkeit des Gesellschaftsdenkens und ihrer Repräsentanten, die einfach den best möglichen Fall annehmen und nettgläubig schreiben: Ja, natürlich wird immer mehr Shit in die Boulevardzeitungen und die Privatfernsehanstalten gespült, doch der weise kleine Mann wird es schon schaffen, an dieser geistigen Übermacht und Unterspülung nicht zu verblöden und gar wahnsinnig gemacht zu werden.
Diese Annahme ist kindisch und von Ahnungslosigkeit diktiert. Das Gegenteil ist der Fall: Wer sich ein universelles Gedankengebäude durch sehr grosse Anstrengung im Nachdenken und selektivem Sortieren der wichtigen Meldungen gebaut hat, steht da mit offenem Mund vor dem übertriebenen Mediengetöse und der Quatscherei der Mitmenschen: Alle reden von Befindlichkeiten, vom Geldverdienen, von unwesentlichen Vorkommnissen in nächster Nähe und reden im Boulevardstil auch über wichtige Ereignisse der Welt. Das Eingebettetsein des Gesprochenen in einen Fluss aus langer Vergangenheit und Zukunft ist nirgends mehr spürbar. Der gesellschaftliche Denkbrei hat alle Denkbarrieren überspült, und zwar nicht nur bei den sogenannt "einfachen Leuten", sondern ganz besonders bei der Intelligenzija, die für sich ein eigenständiges Denken auf hohem Niveau nicht mehr beanspruchen kann.
Selbst in hochgestochenen Gesprächsrunden werden nicht die wesentlichen Probleme des Menschseins in fundamentaler Weise besprochen. Die Beteiligten wissen noch nicht einmal, was damit gemeint ist. Nein, alle sprechen sie von naheliegenden Problemen der Befindlichkeiten einer Gesellschaft, die nur noch den Menschennabel als Mittelpunkt des Geschehens sieht. Unbedingt muss ein Weg aus diesen Befindlichkeiten herausführen, will die Zivilisation auch nur den Schein einer neuen Chance eines universellen Denkens in Raum und Zeit zurückgewinnen. Der denkende Mensch, der in dieser Boulevardisierung allen Lebens und Denkens seine Lebzeit verbringen muss, leidet an einer Geistesfolter, die sich ein unbesorgt dahinlebender Mensch, ein nur noch schauspielernder und sich nur noch produzierender Mensch - egal auf welchem Gesprächsniveau - nicht vorstellen kann. Es ist so, als ob Mozart ständig einer Leiermusik zuhören müsste und dann resigniert zur Kenntnis nehmen muss, dass gerade diese Musik so herrlich in diese Zeit des Fortschritts und der technologischen und wissenschaftlichen Übermacht passt.
Gegensteuer geben? Sicher, doch wer denn, wie denn und mit welchen Lesern, Zuhörern oder Zuschauern? Wer etwas zum Thema Philosophie und Weltdenken sagt, muss damit rechnen können, dass der Zuhörende eine Antenne hat, um die Mitteilung richtig zu verstehen. Diese Antenne ist abgebrochen, und zwar praktisch bei allen Menschen dieses Zeitalters. Wir haben uns sukzessive in falsche Denkweisen eingewöhnt, weil Low-Thinking so angenehm ist, so angenehm wie eine Flugreise nach Bali, ohne Gedanken zu verschwenden an die resultierende Umweltkatastrophe, die solche Freizeitbeschäftigungen verursachen. Dies ist kein Geschimpfe über die armen überforderten Mitmenschen und ihr Weltverständnis, sondern schiere Verzweiflung über das Kannitverstan-Gehabe einer gesamten Weltbevölkerung, die längst verlernt hat, wesentliches und fundamentales Wissen von unwichtigen Tagesmeldungen - und hierzu gehören auch Katastrophen, Präsidentenwahlen, wichtige Kongresse, ja sogar Kriege und Folter von Diktaturen usw. - zu unterscheiden und eine selektive Wahrnehmung zu pflegen.
Es ist schwierig zu begründen, weshalb nicht das Ereignis, das heute eintritt, von Bedeutung ist, dass diese Tagesnachrichten nur der Preis für eine reale "Verwahnisierung" der Gegenwart sind, infolge des Nicht-Verstehens und Nicht-Einbeziehens der Vergangenheit und des Nicht-Erahnens der Auswirkungen dieser Nachrichten bezüglich ihrer wuchtigen Wirkung auf die Zukunft. Das Einzige, das noch interessieren könnte, ist die Fragestellung: Warum empfangen wir diese Nachrichten und nicht wesentlichere, warum bewirken Kongresse nichts, warum geht das Kriegen und Foltern endlos weiter, warum werden immer wieder krankhafte Hirne und Egozentriker an die Macht gebracht, die vor Dummheit und Gleichgültigkeit nur so strotzen? Warum ist der Durchschnittsmensch so blind, dass er seine geistige Selbstvernichtung vorzu weiter organisiert und alles akzeptiert, was geistig vermeintlich Mächtige und deren Medien absondern, damit die Welt genau so geschädigt bleibt, wie sie ist?
Diese Fragen beantworten heute nur noch einzelne hellsichtige Menschen, die sich ein umfassendes Weltverständnis erschaffen haben. Doch wenn eine Mehrheit der "normalen" Menschen nicht begreift, was dieser Text hier sagen will, dann wird der geistige Wahnsinn immer mehr kumulieren bis zu seiner totalen Unumkehrbarkeit. Die eigentliche Problematik dieser Überlegungen: Wie weit lassen sich Menschen, die bei der Geburt alle Anlagen der Denkfähigkeit zum Begreifen des Zeitgeschehens besitzen, im Laufe der Entwicklung denkunfähig machen?
